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Penicillin-Allergie - oft ist die
schwerwiegende Diagnose falsch
Viele Menschen - so auch Ärzte und Medienmitarbeiter
- glauben, dass Penicillin-Allergien sehr weit verbreitet sind.
Allgemein wird davon ausgegangen, dass 10% aller
Krankenhaus-Patienten
unter einer Penicillin-Allergie leiden. Doch
wissenschaftliche Untersuchungen zeichnen ein anderes Bild.
Danach sind Penicillin-Allergien eher selten und betreffen
nur 10% der Patienten, die davon überzeugt sind, dass sie
eine Penicillin-Allergie haben und dies auf Befragen auch
zuu Protokoll geben.
Wie kommt es zu den
gravierenden Differenzen und Fehldiagnosen?
Die wichtigste Erklärung
ist relativ einfach: Die Verdachtsdiagnose
Penicillinallergie wird oft ohne weiterführende
Laboruntersuchungen in früher
Kindheit gestellt und wird dann ohne Überprüfung ein
Leben lang einfach fortgeschrieben. Doch
viele Kinder hatten niemals eine solche Allergie. Oft
wird Penicillin regelwidrig bei einer Virusinfektion verordnet, bei der
ein Antibiotikum überhaupt nicht indiziert ist. Diese weit
verbreiteten Viruserkrankungen erzeugen oft
Hauterscheinungen, die jenen
einer Penicillin-Allergie ähneln.
Diese Symptome einer Virusinfektion sehen aus wir eine allergische Hautreaktion
bei Penicillin-Unverträglichkeit.
Doch die bequeme Diagnose Penicillin-Allergie wird oft
vorschnell und ohne weitere Untersuchungen in Sekunden gestellt und befriedigt
so sowohl die
besorgten Eltern, als auch die unter Zeitmangel leidenden Ärzte.
Doch selbst enn die Diagnose einmal stimmt, spielt
die Penicillin-Allergien
im späteren Leben oft nicht die dramatische
Rolle, die ihr unterstellt wird. Allergien verschwinden oft
so wie sie gekommen sind - ohne erkennbaren Anlaß und ohne
spezifische Therapie. Die Menge der gegen das Penicillin
gerichteten IgE-Antikörper vermindert sich im Lauf der Zeit
und die Allergie schwächt sich ab oder verschwindet sogar
ganz.
Die Penicillin-Antikörper und die Penicillin-Allergie können so im Lauf der Zeit
ganz verschwinden.
Wenig gebräuchlich ist die mögliche, aber aufwändige
Durchführung aussagekräftiger diagnostischer Labor-Tests. Die meisten
Spezialisten -
Allergologen und Immunologen gleichermaßen - können bei angeblichen
Penicillin-Allergikern Hauttests, bzw.
Penicillin-Provokationstests durchführen, um zu einer
wissenschaftlich korrekten Diagnose zu gelangen. Das
Problem: Allergologen und Immunologen sind selten, so dass
die möglichen und eigentlich erforderlichen
Diagnosemaßnahmen nicht zeitnah durchgeführt werden
können.
In besonderen Fällen kann in speziellen Kliniken auch
eine risikobehaftete Penicillin-Hyposensibilisierung durchgeführt werden.
Dieses aufwändige und mit ernsten Risiken behaftete
Verfahren sollte aber Patienten vorbehalten bleiben,
bei denen ein Hauttest eine Penicillin-Allergie bewiesen hat
oder bei denen eine IgE vermittelte Penicillin-Allergie
besteht. Diese Diagnostik bietet sich insbesondervor
allem Patienten
an, die dringend auf die Gabe von Penicillin angewiesen
sind.
Negative Hauttests und oral durchgeführte
Provokationstests können jene angeblichen
Penicillin-Allergiker identifizieren, denen Penicillin
ohne großes Risiko verabreicht werden kann. Eine lebensbedrohliche Anaphylaxie
muß dann nicht befürchtet werden.
Doch im späteren Leben hat diese Fehldiagnose
gravierende Folgen. Kommt es zu einer bakteriellen Infektion
- bei der Penicillin tatsächlich schnell und zuverlässig
helfen würde - wird ohne viel Nachdenken ein anderes
Antibiotikum verordnet, das schlechter wirkt, oft wesentlich
teurer ist, schwerwiegende Nebenwirkungen hat und darüber hinaus die Entwicklung resistenter
Krankheitskeime fördert.
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Quelle: JAMA
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Quelle: Spiegel online 2014
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