Sportmedizin
Die DGSP
informiert: Acht Universitätskliniken helfen mit
sportpsychiatrischen Ambulanzen
Depressionen bei Spitzen- und
Breitensportlern sind meistens von unspezifischen
Beschwerden begleitet
Bereits vor mehr als hundert
Jahren belegte eine amerikanische Studie die antidepressive
Wirkung von regelmäßigen körperlichen Übungen. Aus einer
neueren deutschen epidemiologischen Untersuchung wissen wir
zudem, dass das Depressionsrisiko bei körperlich inaktiven
Menschen dreimal höher zu sein scheint. Dies bedeutet jedoch
nicht, dass im Sportbereich keine depressiven Erkrankungen
auftreten.
Veröffentlichungen der letzten dreißig Jahren haben
gezeigt, dass Depressionen bei Leistungssportlern mindestens
genauso häufig vorkommen wie in der Normalbevölkerung. Nachdem
lange Zeit die Überzeugung vorherrschte, dass im
Leistungssport aufgrund der Selektion keine seelischen
Erkrankungen entstehen, hat sich in den letzten Jahren ein
Perspektivwandel vollzogen. Gleichermaßen finden wir auch im
ambitionierten Freizeitsport zunehmend Sportler, die am
Übertrainingssyndrom leiden, welches in seiner Endstrecke dem
Bild einer klinischen Depression entspricht.
Zunächst sollte
man sich bewusst machen, aus welchem Grund jemand Sport
betreiben möchte. Heute verschwimmen die Grenzen, und man
findet das
Leistungs-, Konkurrenz- und Rekordprinzip zunehmend
auch im Breitensport. Dadurch steigt die Gefahr, dass die
protektive Wirkung des Sports verloren geht und die
körperliche und seelische Überlastungen zunehmen. Die
wichtigste und effektivste Vorbeugungsmaßnahme überhaupt ist,
darüber aufzuklären, dass man an einer Depression erkranken
kann, obwohl man viel, regelmäßig und sogar extrem erfolgreich
Sport treibt.
Mehr als 80 Prozent der Depressionen sind, bei
rechtzeitiger Diagnosestellung, heute gut behandelbar.
Diagnostisch ist von Bedeutung, dass Sportler nicht immer über
die depressive Kernsymptome wie gedrückte Stimmung,
Interessen- und Lustlosigkeit oder Antriebsmangel berichten,
sondern meist über unspezifische Beschwerden wie
Schlafstörungen, Kraftlosigkeit, unklare Schmerzzustände oder
muskuläre Probleme klagen. Bei jeglichem Verdacht sollte die
diagnostische Abklärung durch einen im Sport erfahrenen
Psychiater erfolgen. Die Regeneration und ausreichende
Erholung sind für das seelische Wohlergehen genauso wichtig
wie für die körperliche Gesundheit. Eine einseitige Fixierung
auf und Übertreibung von sportlichen Aktivitäten schwächen auf
Dauer auch die seelische Gesundheit. Angst vor
Diskriminierung und Stigmatisierung der an Depression
erkrankten Sportler kann nur durch Aufklärung,
Öffentlichkeitsarbeit und eine ergänzende Trainerausbildung
der Sportverbände abgebaut werden. Dadurch könnten viele
depressive Zustände bei den Sportlern rechtzeitig erkannt und
erfolgreich behandelt werden.
Die neu gegründete
sportpsychiatrischen Ambulanzen an mittlerweile acht
Universitätskliniken (www.dgppn.de/sportpsychiatrie.html)
bieten Ansprechpartner bei Verdacht auf depressive
Erkrankungen im Sport. Dort soll, unter der Wahrung der
Schweigepflicht, vor allem diagnostische Einschätzung und
sportspezifische Behandlung der depressiven wie auch anderer
seelischer Störungen erfolgen.
Dr. med. Valentin Z. Markser, Köln (Dr. med. Markser arbeitet als
niedergelassener Psychiater, Psychotherapeut und
Psychoanalytiker in Köln. Nach der Karriere als
Leistungssportler im Hallenhandball behandelt und betreut er
seit Jahren Sportler auf dem Gebiet der seelischen Gesundheit
im Leistungssport. Er ist Mitbegründer und stellvertretender
Leiter des Referates Sportpsychiatrie und –psychotherapie der
Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie,
Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN). Er hat als
Gastautor der DGSP diesen Text verfasst.) Auskunft
erteilt:
E-Mail: valentin.z.markser@netcologne.de
(Frankfurt, 26.
Juni 2013)
DGSP im Kurzportrait: Die 1912 gegründete
Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (DGSP)
ist die zentrale ärztliche Institution auf den Gebieten der
Sportmedizin sowie der Gesundheitsförderung und Prävention
durch körperliche Aktivität. Neben der Förderung von sport-
und präventivmedizinischer Forschung, Lehre sowie Fort- und
Weiterbildung setzt die DGSP viele Projekte zur Erhöhung der
Gesundheitskompetenz in der Bevölkerung um. Sie ist die
Vereinigung der 18 Landesverbände für Sportmedizin und mit
ihren 9.000 Mitgliedern eine der größten
wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften in
Deutschland. 2012 feiert die deutsche Sportmedizin ihr
einhundertjähriges Bestehen. Dem Präsidium gehören an: als
Präsident Professor Dr. Klaus-Michael Braumann (Hamburg), als
Vizepräsidenten Dr. Ingo Tusk (Frankfurt am Main), Hubert
Bakker (Bremen), Professor Dr. Klaus Völker (Münster),
Professor Dr. Wilhelm Bloch (Köln) und Professor Dr. Christine
Graf (Köln). Generalsekretär ist Professor Dr. Rüdiger Reer
(Hamburg). Ehrenpräsidenten sind Professor Dr. Dr. Wildor
Hollmann (Köln), Professor Dr. Hans-Hermann Dickhuth
(Freiburg) und Professor Dr. Herbert Löllgen (Remscheid).
Quelle:
Presseinformation
Deutsche Gesellschaft für
Sportmedizin und Prävention (DGSP)
2013