Kardiologie
Vorhofflimmern: Alte Herzen flimmern gern
und keiner merkt's
Vorhofflimmern gehört zu den typischen Alterskrankheiten. Es
tritt bei jedem Sechsten über 80-Jährigen auf. Im Alter
zwischen 60 und 80 Jahren ist etwa jeder 12. betroffen. Doch
kaum einer spürt etwas, wenn sein
Herz - sei es kurzfristig,
sei es auf Dauer - aus dem Takt gerät.
Verschiedene
Studien haben klar ergeben, dass 70 bis 80 Prozent dieser
Rhythmusstörungen völlig unbemerkt ablaufen. Für Kardiologen
ist die hohe Prävalenz von Vorhofflimmern kaum überraschend,
denn viele ältere Menschen haben Risikofaktoren wie
Hypertonie,
Arteriosklerose,
Diabetes oder
Herzinsuffizienz.
Und doch ist es erstaunlich, wie ungenau bis dato die
Diagnostik von Vorhofflimmern durchgeführt wird.
Erklären
lässt sich dieses Manko vor allem mit der Tatsache, dass
derartige Rhythmusstörung längst nicht bei allen Patienten
kontinuierlich auftreten. Oft handelt es sich nur um kurze,
mehrminütige Episoden, und diese zeigen sich nicht
ausgerechnet während einer EKG-Untersuchung. Selbst mit einem
24- oder 48-Stunden-EKG entdeckt man nur einen Bruchteil der
Betroffenen. Auch die Aussagekraft eines täglichen, etwa für
eine oder wenige Minuten dauernden Tele-Monitorings lässt zu
wünschen übrig. Nächtliche Episoden werden damit schon gar
nicht erfassen. In einer Studie zeigte sich im
24-Stunden-Langzeit-EKG bei vier Prozent der durchweg älteren
Herzinsuffizienz-Patienten paroxysmales Vorhofflimmern. Wurde
das Langzeit-EKG jedoch sieben Tage lang aufgezeichnet,
detektiert man diese Störung bei zwölf Prozent.
Allerdings
ließ die Compliance mit der Dauer der Untersuchung deutlich
nach, denn die Apparatur ist alles andere als angenehm zu
tragen. Eine ganz neue Möglichkeit, den unauffälligen Episoden
auf die Spur zu kommen, nutzt man mittlerweile an
verschiedenen Zentren: implantierte Herzschrittmacher und
Defibrillatoren. Moderne Geräte speichern jede Menge Daten,
aus denen sich auch Episoden von paroxysmalem Vorhofflimmern
herausfiltern lassen. Schon vor einigen Jahren wurde gezeigt,
dass im Vergleich zu gelegentlichen EKG-Kontrollen doppelt so
viele Patienten mit wiederholtem Vorhofflimmern entdeckt
werden, wenn man die Herzschrittmacherdaten dahingehend
auswertet.
Dass
Vorhofflimmern gerade bei älteren Menschen eine, wenn nicht
sogar die Hauptursache für
Schlaganfall ist, steht außer
Zweifel. Mit einer oralen Antikoagulationstherapie kann diesem
Risiko entgegengewirkt werden. So klar dazu die Anweisungen in
medizinischen Leitlinien auch sind, gibt es noch viele
ungelöste Probleme. Denn nicht nur das kontinuierliche
Vorhofflimmern, sondern auch das paroxysmale erhöht das
Schlaganfallrisiko. Doch abgesehen von den Schwierigkeiten,
solche Episoden überhaupt erkennen zu können, bleibt unklar,
ob und welche Rolle deren Dauer, Häufigkeit oder Frequenz
spielen. Dabei könnte die genauere Suche nach paroxysmalem
Vorhofflimmern einen wesentlichen Beitrag zur
Ursachenforschung ungeklärter Schlaganfälle leisten und mit
der frühzeitigen Einleitung der Antikoagulation das drohende
Ereignis abgewendet werden. Inzwischen gibt es sogar
implantierbare Herzmonitore.
Die winzigen
Geräte zeichnen die Herzaktionen monate- und jahrelang auf und
die gespeicherten Daten lassen sich problemlos von außen
ablesen. Für die
Diagnostik des paroxysmalen Vorhofflimmerns
ein entscheidender Fortschritt. Sie lässt sich allerdings bei
asymptomatischen Patienten nur schwer rechtfertigen.