Alter und Allergie – eine Herausforderung
Wegen einer oft untypischen Symptomatik werden allergische
Reaktion bei Senioren leicht verkannt
Bis vor kurzem galten
Allergien als Erkrankung von Kindern und jungen Menschen. Das
ist vorbei. Immer mehr Ältere sind allergisch, und zwar nicht
unbedingt seit jungen Jahren. Neuerkrankungen, vor allem auch
Kontaktsensibilisierungen auf Medikamente, sind keine
Seltenheit. Probleme bereiten die oft untypischen Symptome,
die mehr als aufwendige Diagnostik und eine äußerst
mangelhafte Datenlage zu Häufigkeit und Verlauf von
Allergien
im Alter, einschließlich adäquater Therapiemöglichkeiten.
Spärlich sind die Erkenntnisse über Allergien im Alter. Seit
Jahren steht fest, dass die Rate der Personen mit allergischer
Rhinokonjunktivitis, sprich
Heuschnupfen, in der jüngeren
Bevölkerung zwischen 20 und 25 Prozent liegt.
Ob dies in der Altersgruppe über 65 Jahren auch noch so ist,
kann derzeit nicht beantwortet werden. Tatsache ist aber, dass
auch Senioren unter
Heuschnupfen leiden und durch
Schlafstörung, Niesen und Juckreiz eine nicht minder starke
Einbuße an Lebensqualität verspüren wie Jüngere.
Überraschenderweise scheint bei ältere
Heuschnupfen-Patienten
die unangenehme Symptomatik, allem voran die verstopften Nase,
sogar deutlich länger zu bestehen, wie Prof. Dr. med. Ludger
Klimek, Wiesbaden, in einer Untersuchung bei seinem
Praxiskollektiv festgestellt hat. Während jüngere Patienten
rund zwei Monate unter
Rhinorrhoe zu leiden hatten,
berichteten über 65-Jährige mehr als vier Monate lang über ein
Nasenlaufen. Das Symptom der verstopften Nase bestand sogar
mehr als zehn Monate lang (bei Jüngeren drei Monate) – und
wird dann oft nicht mehr in Zusammenhang zu einer
Pollenallergie gebracht. Auch Asthmatiker werden oft nicht als
solche erkannt, weiß Prof. Dr. Karl-Christian Bergmann,
Berlin.
Die für Jüngere typischen Atemnot-Anfälle sind im Alter eher
untypisch. Als häufigstes Symptom berichten ältere Asthmatiker
von einem Engegefühl in der Brust – was dann häufig zur
Abklärung des Herzens führt und kaum an ein
Asthma denken
lässt. Ein „chronischer Husten“ wird leicht als Bronchitis
fehlinterpretiert. Wie auch bei Jüngeren dürften vier bis acht
Prozent der Älteren asthmakrank sein, wobei jedoch
allergisches Asthma im Alter seltener auftritt (oder
möglicherweise einen anderen Verlauf nimmt). Eine Korrelation
zum IgE-Spiegel lässt sich in allen Altersgruppen nachweisen,
aufgrund zahlreicher Sensibilisierungen im Alter ist ein
Zuordnung zu möglichen Auslösern jedoch weniger zielführend.
Bergmann weist auf ein weiteres wichtiges Problem bei älteren
Asthmapatienten
hin: die inhalative
Therapie. So wünschenswert
eine Anwendung der bekannten Kombinationen aus
inhalativen
Steroiden und lang wirksamen Betamimetika auch sein mag, so
schwierig fällt Alterspatienten deren Handhabung.
Atemzug getriggerte Inhalatoren sind auf jeden Fall zu
bevorzugen, da die Koordination mit Auslöser und Atemzug
vielfach zu kompliziert ist. Oft ist auch das Atemzugvolumen
zu gering, um überhaupt den erforderlichen Sog aufzubringen.
Dann empfehlen sich Spacer oder sogar die guten alten
Inhaliergeräte, mit denen der Patient in aller Ruhe die
Medikation aufnehmen kann. Auf jeden Fall ist eine sorgfältige
Schulung erforderlich, möglichst auch unter Einbeziehung eines
geschulten Apothekers. Außerdem sollte sich der Arzt immer
wieder vom Patienten demonstrieren lassen, wie er inhaliert.
Notfalls muss die Therapie oral durchgeführt werden, wobei
auch Theophyllin, eventuell auch ein Leukotrienantagonist
versucht werden können.
Kontaktallergien stellen auch beim Alterspatienten oft eine
Herausforderung dar.
Mindestens 15 Prozent der Bevölkerung sind davon betroffen.
Eine einmal bestehende Sensibilisierung bleibt lebenslang
bestehen. Nickel steht nach wie vor mit Abstand an oberster
Stelle der Auslöser und kann beispielsweise auch aus vom
Zahnarzt verwendeten Metalllegierungen entweichen. Häufige
Sensibilisatoren in Form von Duftstoffen und
Konservierungsmitteln stecken in Salben und Cremen. Die
Diagnose fällt leicht, wenn die Ekzeme auf die
Anwendungsstelle begrenzt bleiben. Schwierig wird es, wenn
sich die Reaktion diffus ausbreitet, etwa in Stirn und
Kopfbereich bei Anwendung von Augentropfen. Zur Abklärung
dient der lege artis durchgeführte Epikutantest.
Dieser darf niemals als
unspezifischer Suchtest angewandt
werden, betont Prof. Dr. Thomas Fuchs, Göttingen. Auch wenn
von Arbeitgebern oder Zahnärzten oder vom Patienten selbst
(„Ich will mal sehen, ob ich allergisch bin.“) gelegentlich
derartige Forderungen kommen. Vor Durchführung des Epikutantests muss der Zusammenhang mit einer möglichen
Reaktion genauestens eruiert werden, um zu einem sinnvollen
Ergebnis zu kommen. Wichtig: Die Testbatterie muss so fixiert
werden, dass sie zwei, drei Tage an Ort und Stelle bleibt.
Haben sich die Testkammern abgelöst, ist das Ergebnis nicht
mehr zu verwerten.
Quelle:
Dr. med. Ulrike Röper vom 7. Deutscher Allergiekongress