Alkoholgenuss - eine Münze mit zwei Seiten
Indische Natur-Ärzte bestätigen jetzt, was viele Ärzte schon
seit längerem wissen: der regelmäßige Genuss kleiner bis mittlerer
Mengen von Alkohol - speziell von Wein - vermindert nicht nur das
Herz-Kreislauf-Sterbe-Risiko, sondern hilft auch bei der Bekämpfung
degenerativer Nervenkrankheiten wie Alzheimer und Parkinson.
Männer und Frauen, die täglich ein bis zwei Gläser Wein trinken, können
damit ihr Risiko absenken, an einer Altersdemenz zu erkranken. Es ist
unbestritten, dass übermäßiger Alkoholkonsum weltweit ein großes
soziales und medizinisches Problem darstellt. Dies insbesondere bei
Kindern und Heranwachsenden, die einen verantwortungsbewussten Umgang
mit Alkohol (Ethanol) erst lernen müssen. Zwar sind die durch Alkohol
verursachten Gesundheitsschäden von der Größenordnung her nicht mit
den Folgen des Rauchens zu vergleichen, doch dies ändert nichts an der
grundsätzlichen Gefährlichkeit dieser Droge. 7,4 % der
gesundheitlichen Störungen und vorzeitigen Todesfälle werden in Europa
auf Alkohol zurück geführt. Damit steht er als Ursache für vorzeitiges
Versterben an dritter Stelle nach Tabakkonsum und Bluthochdruck. Er
ist zugleich die häufigste Todesursache bei jungen Männern in der EU.
Doch Alkohol - und dies trifft insbesondere auf Wein zu - hat auch
positive Seiten. Wein stellt ein seit Jahrhunderten weltweit sehr
beliebtes Genussmittel dar, das die Gesundheit in vielerlei Hinsicht
fördert. Ethanol ist ein in reifen Früchten und Säften natürlich
vorkommendes Produkt der alkoholischen Gärung. Wegen seiner
stimmungsaufhellenden und stimulierenden Wirkung werden alkoholische
Getränke gern und häufig konsumiert. Alkohol als Rauschmittel ist die
am weitesten verbreitete Droge weltweit. Der regelmäßige Konsum kann
zu Alkoholismus führen (Wikipedia). Aber bereits Paracelsus
(1493–1541) prägte den heute noch gültigen Grundsatz: „Allein die
Menge macht das Gift“ (Dosis sola venenum facit), der
selbstverständlich auch auf den Alkoholkonsum angewandt werden muss.
Die positive Seite des Alkohols bestätigte jetzt erneut eine
Wissenschaftlergruppe, die am Forschungslabor für Pflanzen- und
Indische-Medizin der Ramachandra Universität, Chennai, Indien, das
derzeit zum Thema Alkoholkonsum vorhandene wissenschaftliche
Datenmaterial kritisch bewertete. Die Forscher fanden bei der Analyse
zahlreicher epidemiologischer Studien heraus, dass der tägliche
Genuss kleiner bis mittlerer Mengen Alkohol - speziell von Wein - im
Vergleich zu Nicht-Trinkern oder Menschen, die viel Alkohol trinken,
die Gesundheit fördert. Insbesondere der tägliche Genuss von Wein
senkt statistisch signifikant das Risiko für den altersbedingten
Abbau geistiger Fähigkeiten, das Fortschreiten degenerativer
Nervenkrankheiten sowie die Entwicklung einer Alters-Demenz. Diese
Nerven-Schutzwirkung schließt auch die gefürchteten fortschreitenden
neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer und Parkinson ein.
Dies überrascht nicht. Schon im Jahr 2005 berichte das
renommierte Fachblatt "New England Journal of Medicine", dass bis zu 15
Gramm Alkohol pro Tag den geistigen Abbau älterer Menschen bremsen
können, wahrscheinlich mittels verbesserter Durchblutung des Gehirns.
Dass Alkohol gefäßerweiternd wirkt, ist schon länger bekannt. Die
Ernährungswissenschaftlerin Ursel Wahrburg von der Fachhochschule in
Münster wurde vom Magazin "Stern" so zitiert: "Das Beste am Alkohol ist
der Alkohol."
Menschen, die regelmäßig Alkohol in kleinen und mittleren Mengen
trinken, haben darüber hinaus ein statistisch signifikant niedrigeres
Sterberisiko - speziell auch ein herabgesetztes
Herz-Kreislauf-Sterberisiko. Unabhängig vom Alkoholgehalt gibt es im
Wein und in Weintrauben - neben dem bereits bekannten Resveratrol -
auch zahlreiche andere Substanzen, denen eine Nerven- und
Herz-Schutzwirkung zugeschrieben wird.
Diese Erkenntnisse aus dem Jahr 2012 bestätigen frühere
Studienergebnisse, die vor mehr als zehn Jahren für Aufsehen sorgten.
Bereits im Jahr 2000 wiesen die Mitglieder einer US-Forschergruppe am
Department of Food Science der Universität von Kalifornien darauf hin,
dass im Wein mehr als 200 unterschiedliche Phenole enthalten sind, die
das Herz-Risiko absenken können. Doch die bereits damals diskutierte
positive Wirkung auf die sich langsam entwickelnden degenerativen
Nervenkrankheiten wie Alzheimer und Parkinson ließ sich nach Meinung
der US-Forscher in Ermangelung von leicht zu analysierenden Biomarkern
nur schwer quantifizieren.
Nur zwei Jahre später wurden diese Erkenntnisse auch am Zentrum für
Alkohol-Forschung (Centre for Alcohol Research) des National Institute
of Public Health, Danish Epidemiology Science Centre, Kopenhagen,
Dänemark, bestätigt. Dort hatte Professor M. Grönbek das vorhandene
Datenmaterial kritisch bewertet und kam dabei ebenfalls zu dem
Schluss, dass der regelmäßige Genuss kleiner bis mittelgroßer Mengen
Wein - zusätzlich zur positiven Wirkung von Alkohol in jeder
Darreichungsform - das Herz-Kreislauf-Sterberisiko deutlich absenkt.
Dieser viel beachteten Studie war eine andere, ebenfalls in Dänemark
unter Mitarbeit von Professor M. Grönbek durchgeführte Untersuchung,
vorausgegangen, bei der die Autoren festgestellt hatten, dass
regelmäßig genossene kleine bis mittlere Mengen von Alkohol das
Herz-Kreislauf-Sterberisiko um 10% absenken. Bei Weintrinkern sank
das Sterberisiko sogar um über 30%. Damit ist die von Wein ausgehende
Herz-Schutzwirkung größer als jene, die bei weit verbreiteten
synthetischen Herz-Schutzmedikamenten zu beobachten ist. Doch damit
nicht genug: wie das Magazin "Stern" im Jahr 2005
berichtete, haben maßvolle Rotweintrinker auch ein deutlich
reduziertes Risiko für Krebserkrankungen in Lunge und Prostata.
Diese und andere positiven Auswirkungen des Alkohol-Genusses wurden immer wieder
durch zahlreiche andere epidemiologische Studien bestätigt, die
weltweit unter Einschluss sehr unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen
durchgeführt wurden. Nicht-Trinker und starke Trinker haben danach
regelmäßig ein erhöhtes Sterberisiko. Das gut gemeinte Verschweigen
dieses wichtigen Aspekts der Problemdroge Alkohol erweist sich in der
Praxis als kontraproduktiv.
Sowohl die besonders gefährdeten Jugendlichen, als auch Alkoholiker
trinken und rauchen trotz aller Warnungen weiter im Übermaß. Doch
viele ältere Menschen, deren Herz-Kreislauf-Sterbe-Risiko sich durch
einen regelmäßigen, aber mäßigen Alkoholgenuss sicher reduzieren ließe,
verzichten aufgrund der übertriebenen Warnungen vor den Alkohol-Gefahren auf dieses von der Natur bereit gestellte
"Supermedikament".
Oft verbieten Ärzte ihren Patienten pauschal - und offenbar ohne
im Einzelfall darüber nachzudenken - den Genuss von Zigaretten und
Wein. Während Zigaretten tatsächlich als Sargnagel angesehen werden
müssen, ist dies bei Wein offenbar anders. Dieser routinemäßig
gegebene Ratschlag vermindert nicht nur die Lebensqualität vieler
Menschen, die gerne Wein trinken würden, sondern erhöht offenbar auch
deren Risiko, vorzeitig an einem Herzinfarkt zu sterben.
Quellen:
Süddeutsche Zeitung
Front Biosci (Elite
Ed). 2012 Jan 1;4:1505-12.,
Annu Rev Nutr. 2000;20:561-93.
Ann N Y Acad Sci.
2002 May;957:16-20.
Ugeskr
Laeger. 2001 May
21;163(21):2946-9.