
Hintergründe zu den Kampagnen gegen die Homöopathie in
Großbritannien
Berlin, In den letzten Jahren gibt
es in Großbritannie vermehrt Kampagnen gegen die Homöopathie
- in ihrem Ausdruck prägnanter als in ihrer wissenschaftlichen
Argumentation. Einen Höhepunkt markiert nun der Bericht des
britischen Unterhauses ,
in dem gefordert wird, die homöopathische Behandlung
nicht mehr über den staatlichen Gesundheitsdienst (National
Health Service, NHS) anzubieten und homöopathische Mittel
nicht mehr als Arzneimittel
zuzulassen. Von weiterer Forschung rät der Ausschuss
für Wissenschaft und Technologie ab. Vorangegangen war eine
Anhörung, die Aussagen von Prof.
Harald Walach und Prof. George Lewith wurden im Bericht
systematisch ignoriert, während Prof. Edzard Ernst ausführlich
zitiert wird.
Die Argumentationslinie ist im Wesentlichen:
1. Die homöopathische Therapie ist unplausibel
2. Die unbestrittene Wirkung der Homöopathie beruht
auf
Placeboeffekten.
3. Die Verschreibung von Placebos ist unethisch.
Ad1. Der Ausschuss
hält die Homöopathie aus zwei Gründen für unplausibel:
1. Die Parlamentarier betrachten das Ähnlichkeitsgesetz
als wissenschaftlich
nicht fundiert. Dies ist jedoch nicht Stand der Forschung.
Es gibt seit über 40 Jahren detaillierte kybernetische Modelle,
die die Wirksamkeit von Interventionen nach dem
Ähnlichkeitsprinzip nahelegen. Dies wird in der Medizin
unter dem Stichwort paradoxe
Pharmakologie untersucht. Der generelle Überbegriff
heißt Hormesis. Dieser Begriff wird zwar im
Abschlußbericht erwähnt, es
wird ihm jedoch erstaunlicherweise keine
generelle Bedeutung zugesprochen.
2. Die Parlamentarier halten das Prinzip der Dynamisierung
für unplausibel. In
der Tat gibt es derzeit keinüberzeugendes Modell
für dieses Phänomen. Allerdings sehen die meisten Wissenschaftler
in diesem Faktum
allein noch keinen Beleg der Unwirksamkeit der Therapie.
Ad 2. beruht die
Argumentation im Wesentlichen auf der Metaanalyse von Shang
et al. „Are
the clinical effects of homeopathy placebo effects?“
(Lancet 2005). Andere
Metanalysen werden pauschal als überholt bezeichnet.
Hinsichtlich der Arbeit von
Shang hat der Ausschuss allerdings zwei wesentliche Punkte
übersehen:
1. Es gibt eine substantielle Kritik
an den statistischen Methoden, die
von den Autoren nicht beantwortet – geschweige denn
widerlegt -
wurde. * 1
Den Autoren wurde eine Manipulation ihrer Ergebnisse
vorgeworfen.
2. Die Analyse beruht auf homöopathischen
Doppelblindstudien zu
verschiedenen Indikationen. Wenn aber eine Methode
z.B. gegen Durchfälle signifikant wirksam und gegen Muskelkater
nicht wirksam
ist , ist
sie im Ergebnis ja immer noch wirksam.
Metaanalysen, die
Studien zu verschiedenen Indikationen mischen, sind
grundsätzlich nicht
sinnvoll.
Bemerkenswert ist, dass die methodischen
Mängel dieser Studie in dem Abschlussbericht nicht einmal
erwähnt werden. Das Verfahren entspricht dem, was im Angelsächsischen
„evidence
biased medicine“ (parteiische Medizin)
genannt wird .
Ad 3. hinsichtlich
der Verschreibung von Placebos folgt der Auschuß weitgehend
den Argumenten, die Edzard Ernst in einer ganzen Reihe von
Publikationen vertritt. So wird behauptet, dass die konventionelle
medikamentöse Therapie diesen Effekt zusätzlich zu ihrer spezifischen
Wirkung besitzt. Dies ist nicht nur biologisch Unsinn, da
es in der Physiologie keine trivialen Summationseffekte
gibt. Es
widerspricht auch allen Studien, die zeigen, dass die homöopathische
Therapie der medikamentösen Standardtherapie überlegen ist.
Der Ausschuss zitiert Edzard Ernst
dahingehend, dass Placebos unsicher
in der Wirkung sind, dass ihr Effekt nicht zuverlässig
und nicht anhaltend ist. Hier widerlegt sich die Argumentation
allerdings selbst.
Die Versorgungsforschung zeigt eindeutig,
dass die Effekte einer
homöopathischen Behandlung hinreichend, zuverlässig
und anhaltend sind. *2
Mithin
kann es sich also nicht um eine Placebo-Wirkung handeln.
-
" Das sehen wir auch so ", erklärt Curt Kösters,
1. Vorsitzender des Deutschen Zentralvereins homöopathischer
Ärzte (DZVhÄ).
Festzuhalten ist:
1. Trotz aller methodischen Schwierigkeiten
mit homöopathischen Doppelblindstudien
(sie eignen sich besser für eine serielle Medizin
und sind tendenziell ungeeignet für individualisierende Methoden)
gibt es eine Reihe von homöopathischen
Doppelblindstudien mit positivem Ergebnis.^3 Diese
werden auch nicht
widerlegt durch Doppelblindstudien mit negativem Ergebnis
bei ganz
anderen Indikationen.
2. Klinische Praxis und Versorgungsforschung
belegen die Effektivität
der Methode.
Veranstaltung dazu: Individualisierung
und Versorgungsforschung � Ergänzung oder Gegensatz?
Prof. Dr. Claudia Witt und Dr. Michael Teut
(Institut für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitsökonomie
der Charité Berlin), 16. Juni, 18.30 Uhr, Landesvertretung
Sachsen-Anhalt, Luisenstr. 18, 10117 Berlin)
3. Weitere Forschung ist nötig um
den Wirkungsmechanismus und dessen Regeln
besser zu verstehen.
Studien
The 2005 meta-analysis of homeopathy:
the importance of
post-publication data.
<http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/19371564>
Rutten AL, Stolper CF. Homeopathy.
2008 Oct;97(4):169-77.
The conclusions on the effectiveness
of homeopathy highly
depend on the set of analyzed trials.
<http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/18834714>
Lüdtke R, Rutten AL.J Clin Epidemiol.
2008 Dec;61(12):1197-204.
Homeopathic medical practice: long-term
results of a cohort
study with 3981 patients.
<http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/16266440>
Witt CM, Lüdtke R, Baur R, Willich
SN. BMC Public Health.
2005 Nov 3;5:115.
How healthy are chronically ill patients
after eight years of
homeopathic treatment?--
Results from a long term
observational study.
<http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/19091085>
Witt CM,
Lüdtke R, Mengler
N, Willich SN. BMC Public Health.
2008 Dec 17;8:413.
HTA-Bericht der Schweizer Regierung.
Homöopathieforschung:
Problematik und Ergebnisse zur Wirksamkeit
aus dem Programm Evaluation
Komplementärmedizin PEK. HTAHomöopathie,
ISPM Studie.
http://www.dzvhae.com/portal/pics/abschnitte/151106071606_righetti_d.pdf
Kontakt:
Christoph Trapp
Presse- & Öffentlichkeitsarbeit
Deutscher Zentralverein homöopathischer
Ärzte
Reinhardtstraße 37, 10117 Berlin
presse@dzvhae.de <mailto:presse@dzvhae.de>,
www.welt-der-homoeopathie.de
*Deutscher Homöopathie Kongress* des
DZVhÄ, 13. - 15. Mai
2010, Köthen,
www.homoeopathie-kongress.de
200 Jahre *Organon der Heilkunst*,
Veranstaltungsreihe,
www.organon2010.de